Dominic Thiem
GEPA/Matthias Hauer
Tennis

Platz eins für Thiem in Reichweite

Trotz der erneuten Finalniederlage in London kann Dominic Thiem stolz auf dieses für die ganze Welt so außergewöhnliche Jahr zurückblicken. „Auch wenn es ein toughes Jahr war, wird es immer einen speziellen Platz in meinem Herzen haben“, sagte Thiem nach den ATP-Finals am Sonntag und verwies zugleich auf seinen Titel bei den US Open. Der logische nächste Schritt des Weltranglistendritten ist der Angriff auf Platz eins, der in Reichweite rückt.

„Ich habe eines meiner Lebensziele erreicht, indem ich dieses Grand-Slam-Turnier gewonnen habe“, so Thiem. Auch wenn ihm der zweite ganz große Titel versagt blieb, selbst sein Bezwinger Daniil Medwedew schwärmte von Thiems Tennis. „Wenn Dominic so spielt wie hier, ist er einer der besten Spieler der Geschichte, vielleicht nicht was Titel oder Grand Slams betrifft, aber wenn er so spielt“, sagte Medwedew, der als Vierter Thiems erster Verfolger in der Weltrangliste ist und ihm näher rückte.

Thiem hat neben dem Major-Triumph in Flushing Meadows auch die Endspiele bei den Australian Open sowie bei den ATP-Finals in der O2-Arena erreicht. Zudem bleibt ihm wegen der Coronavirus-Sonderregel auch das Finale der French Open von 2019 bis Roland Garros in der Wertung stehen. Ein Angriff auf Platz eins scheint für den Niederösterreicher im Bereich des Möglichen zu liegen.

Dominic Thiem
APA/AFP/Thomas Samson
Mit dem ersten Grand-Slam-Titel hat Thiem sein erstes Lebensziel bei den US Open erreicht

„Ich habe mir noch keine Ziele für nächstes Jahr gesetzt, aber natürlich möchte ich im Ranking weiter nach oben klettern. Aber alles ist sehr eng: (Rafael) Nadal und (Novak) Djokovic sind immer noch da oben, (Roger) Federer kommt nächstes Jahr zurück“, warnte Thiem. Mit Medwedew, Alexander Zverev, Stefanos Tsitsipas und seit diesem Jahr auch Andrej Rublew gebe es sechs, sieben Spieler, die in den nächsten Jahren um die Top-Spots kämpfen könnten.

Fragezeichen hinter Saisonstart

Wie es nun weitergeht, steht für die gesamte Szene noch in den Sternen. Denn die besonders strenge Coronavirus-Politik in Australien könnte zu einigen Verschiebungen führen, auch die Australian Open könnten nicht wie geplant am 18. Jänner starten. Da aber die Austragung der Februar-Turniere in Südamerika sehr unsicher ist, gäbe es da zeitlichen Spielraum.

Thiem wird den Start der Vorbereitung daran anpassen. „Stand jetzt dürfen wir frühestens am 1. Jänner nach Australien einreisen. Ich glaube auch, dass es sich noch nach hinten verschieben kann“, sagte Thiem. Normalerweise sollte der ATP-Cup Anfang Jänner beginnen und inklusive zweiwöchiger Quarantänezeit davor müssten die Spieler schon Mitte Dezember nach Australien reisen.

Rückreise in den Lockdown

Thiem flog am Montag nach Hause – von der „Bubble“ in einen weiteren Lockdown. „Das ganz normale Leben ist nicht da, aber sicher freue ich mich rauszukommen, wieder ein bisserl mehr Sonne und frische Luft zu haben.“ Thiem wollte aber nicht über die schwierigen Zeiten klagen. Im Tennis sei man privilegiert, Events trotz Pandemie spielen zu können.

„Wenn es nicht anders geht, wird es wohl so weitergehen müssen, auch Anfang vom nächsten Jahr. Aber ich will jetzt sicher nicht die nächsten acht Jahre vor keinen Leuten spielen. Wahrscheinlich wird es dann umso schöner sein, wieder in vollen Stadien zu spielen“, so Thiem. Dennoch sei es wichtig gewesen, für viele Fans, die keine Jobs und richtige Probleme hätten, gute Unterhaltung zu bieten, „die sie vielleicht zwei, drei Stunden die schweren Zeiten vergessen“ lasse.

Erfolg für Österreichs Tennis

Für Österreichs Tennis waren die ATP-Finals jedenfalls eine der erfolgreichsten Veranstaltungen überhaupt. Allein schon bei den besten acht im Einzel und Doppel zwei ÖTV-Spieler dabei zu haben, war ein großer Erfolg. In einer Weltsportart aber zwei Finalteilnehmer zu haben war außergewöhnlich, auch wenn es weder für Thiem noch für Jürgen Melzer im Doppel ein Happy End gab. 2018 in Roland Garros waren es übrigens Thiem und Oliver Marach im Doppel gewesen, die ebenfalls in zwei Endspielen gestanden waren. Diese gingen ebenso beide verloren.

Wachablöse beschleunigt

Das Jahr 2020 hat aber auch die schleichende Wachablöse der Superstars Nadal, Djokovic und Federer beschleunigt. Thiem hat nun als erst zweiter Spieler nach Andy Murray gegen alle drei zumindest fünfmal gewonnen. Er selbst, Medwedew, Zverev und Co. sind bereit für die Zukunft, nicht erst nach dem Karriereende dieses Trios. „Das ist unsere Herausforderung, dass wir gut bei den großen Turnieren spielen und dass wir selbst große Stars werden“, sagte Thiem.