Ein Red Bull auf dem Las Vegas Strip bei der Kick-off-Party für den Grand Prix 2023 in Las Vegas am 5. November 2022
APA/AFP/Wade Vandervort
Formel 1

Start für Saison im Zeichen des Spektakels

Die große Regelrevolution ist zwar ausgeblieben, dennoch startet die Formel 1 am Sonntag (16.00 Uhr) mit dem GP von Bahrain in Sakhir in eine außergewöhnliche Saison, die große Spektakel verspricht. Die Rekordanzahl von 23 Grands Prix, doppelt so viele Sprintrennen und erstmals seit 1982 Las Vegas als Schauplatz, die Bühne für einen Titelhattrick von Max Verstappen ist bereit. Nur als Begleitfahrschutz wollen Mercedes und Ferrari 2023 jedoch nicht unterwegs sein.

Im Rennkalender ist außer Las Vegas auch Katar im Oktober neu. Das Emirat hat bereits in der Saison 2021 ein Rennen veranstaltet. Wegen der schwierigen Coronavirus-Lage in China wurde das für den 16. April geplante Rennen in Shanghai erneut abgesagt. Frankreich ist mit Le Castellet nicht mehr dabei. An sechs Wochenenden kommt das Sprint-Format über jeweils 100 km zur Anwendung: neben Aserbaidschan, Belgien, Katar, Austin und Brasilien auch am 1. Juli beim Österreich-GP auf dem Red Bull Ring in Spielberg.

Ein Spektakel soll jedenfalls der Grand Prix von Las Vegas am 18. November (19. November MEZ) werden. Es ist das dritte USA-Rennen nach Miami und Austin. Der Vertrag mit der Glücksspielstadt wurde bis Ende 2025 geschlossen, die Organisatoren haben aber schon jetzt grünes Licht bis Ende 2032 bekommen. Für die Fahrt über den Las Vegas Strip, den legendären Abschnitt des Las Vegas Boulevard mit den schillernden Casinohotels, hat die Formel 1 auch tief in die Tasche gegriffen. Für angeblich rund 240 Millionen US-Dollar wurde Land gekauft, um eine Boxenanlage und Gästebereiche zu errichten.

Königsklasse als Renner in USA

Die Zugkraft der Formel 1 ist vor allem durch den Popularitätszuwachs in den USA nicht zuletzt dank der Netflix-Serie „Drive to Survive“ auf einem historischen Höhepunkt, was die Verantwortlichen jubilieren lässt. Was den Machern beim Medienkonzern Liberty Media als Tagtraum in den Köpfen herumgespukt sein mag, als sie die Rennserie im September 2016 übernahmen, ist keine sieben Jahre später Realität.

George Russel in einem Mercedes bei der Kick-off-Party für den Grand Prix 2023 in Las Vegas am 5. November 2022
Reuters/USA Today Sports/Ray Acevedo
Innerhalb von ein paar Jahren ist das Interesse an der Formel 1 in den USA in ungeahnte Höhen geschossen

Das US-Publikum und die Wirtschaft sind angefixt, alle möchten beim Boom dabei sein. So steigt der Wert der Formel 1 kometenhaft. Der Andretti-Rennstall will mithilfe von General Motors als elftes Team einsteigen, müsste aber laut Medienberichten bald über 600 Millionen Dollar Eintrittsgebühr hinblättern. Für das neue Motorreglement ab 2026 sind sechs Marken als Power-Unit-Produzenten fix: Ferrari, Mercedes, Renault, Audi, Honda und Ford.

Verstappen peilt Titelhattrick an

Die Gegenwart heißt vorerst aber noch Bahrain, wo am Sonntag die neue Saison eröffnet wird. Klarer Favorit auf den Titel ist Verstappen, der im vergangenen Jahr mit 15 Siegen einen neuen Rekord aufstellte. Ob Teamkollege Sergio Perez oder andere Herausforderer ihm diesmal näher kommen können? „Max denkt nicht an solche Sachen. Er will einfach gewinnen, dann kommt automatisch die dritte WM“, erklärte Berater Helmut Marko. Der RB19 präsentierte sich bei den Testfahrten in Bahrain in der Vorwoche jedenfalls bärenstark.

Wie viel Rückstand Mercedes hat, scheint noch schwer greifbar. Der W14 sei „noch nicht ganz da, wo wir hinwollen, aber es ist eine gute Ausgangsbasis“, meinte Siebenfachchampion Hamilton, dessen Vertrag mit Ende der Saison ausläuft. Der Brite hat nach dem Rücktritt von Vettel mehr Siege auf dem Konto als alle übrigen Fahrer zusammen, doch sein 104. Sieg verspricht ein hartes Stück Arbeit. Überhaupt: Noch nie hat ein Pilot mit über 300 Rennen auf dem Buckel vor dem Karriereende noch einen Sieg gefeiert. Hamilton steht bei 310 Grand-Prix-Teilnahmen, Aston-Martin-Verpflichtung Fernando Alonso bei 358.

Ferrari hofft auf Initialzündung

Ferrari nimmt mit einem neuen Teamchef einen weiteren Anlauf. Ex-Alfa-Romeo-Boss Frederic Vasseur soll die „Scuderia“, ähnlich wie einst sein Landsmann Jean Todt, als unvoreingenommener „Outsider“ an die Spitze führen. Vizeweltmeister Charles Leclerc und Carlos Sainz waren nach den Testfahrten aber nicht allzu optimistisch, die Kurvenperformance dürfte bei der Weiterentwicklung des roten Flitzers etwas gelitten haben. „Wenn wir es schaffen, das Setup in den perfekten Bereich zu bringen, können wir gewinnen“, gab sich Leclerc aber kämpferisch.

Vasseur ist nicht der einzige neue Teamchef, vier der zehn Rennställe haben sich dahingehend neu aufgestellt. Andreas Seidl hat McLaren verlassen und statt Vasseur als Sauber-CEO angeheuert, wo er den Italiener Alessandro Alunni Bravo als De-facto-Teamchef eingesetzt hat. Bei McLaren hat Andrea Stella, ein weiterer Italiener, für Seidl übernommen. Ex-Mercedes-Chefstratege James Vowles ist unterdessen der neue starke Mann bei Williams.

Sanfte Regeländerungen und neuer Überrollbügel

Regeltechnisch gibt es indes wenig Neues. Bei bis zu zwei Rennen wird ein leicht verändertes Qualifikationssystem getestet. Eine neue Reifenregel soll im Sinne der Nachhaltigkeit die genutzten Reifensätze verringern. Dabei wird die zu nutzende Gummimischung in den drei K.-o.-Runden vorgeschrieben. Außerdem mussten die Boliden ein wenig abspecken. Das Minimalgewicht wurde von 798 auf 796 kg (ohne Kraftstoff) gesenkt. Viele Teams verzichten daher auf lackierte Flächen auf ihren Autos, die unnötig ins Gewicht fallen würden.

Bei den Boliden soll ein überarbeiteter Überrollbügel für mehr Sicherheit sorgen. Der Titanschutz muss eine abgerundete Oberseite haben, damit er sich bei einem Unfall möglichst nicht in den Boden eingräbt und das Auto nicht zur Falle macht. Zusätzlich soll das „Porpoising“, also das „Hüpfen“ der Boliden, endgültig Geschichte sein. Nach Anpassungen im Vorjahr wurden nun unter anderem die Außenkanten der Wagenunterböden um 15 Millimeter erhöht. Dadurch soll die gestaute Luft unter dem Auto besser abgeführt und das „Bouncing“ verringert werden.