Tadej Pogacar (Slowenien) und Jonas Vingegaard (Dänemark)
AP/Daniel Cole
Tour de France

Tour de France wird zum Zweikampf

Erstmals seit 1992 startet die Tour de France wieder im spanischen Baskenland. Nicht weniger als acht Bergetappen – darunter vier Bergankünfte – und insgesamt 3.404 Kilometer sind für die 176 Starter aus 22 Teams, darunter sechs Österreicher, zu absolvieren. Die zwei Favoriten sind bei der am Samstag in Bilbao beginnenden 110. Auflage ein Level über alle anderen zu stellen: Vorjahressieger Jonas Vingegaard und 2020- und 2021-Champion Tadej Pogacar.

Während der 26-jährige Däne aus dem Jumbo-Visma-Team mit einem überlegenen Sieg beim schwierigen Criterium du Dauphine eine tolle Generalprobe hingelegt hat, steht hinter Pogacar ein kleines Fragezeichen. Der im Vorjahr nach zwei Siegen von Vingegaard entthronte UAE-Profi, der bei der Tour wieder vom Österreicher Felix Großschartner unterstützt wird, kommt von einer zweimonatigen Verletzungspause zurück.

Pogacar hatte den Dänen bei der Paris-Nizza-Rundfahrt noch klar besiegt, brach sich dann aber beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich Ende April bei einem Sturz das linke Kahnbein. Die slowenischen Meisterschaften waren vergangenes Wochenende seine seither einzigen Rennen. Pogacar gewann sowohl das Zeitfahren als auch das Straßenrennen. Das lädierte Handgelenk bereitet dem 24-Jährigen aber noch leichte Probleme: „Mir geht es auf dem Rad gut, aber das Handgelenk ist noch nicht wieder voll beweglich und liegt bei 60, 70 Prozent. Zwei von drei Knochen sind verheilt, aber das Kahnbein braucht noch mehr Zeit.“

„Haben als Team hart gearbeitet“

Ob er nach dem Sturz am 23. April schon wieder seine beste Leistung zeigen kann, werde erst das Rennen zeigen. Die Eröffnungsetappen, die dieses Jahr ab Bilbao im spanischen Baskenland stattfinden, beschreibt der 24-jährige Slowene als „sehr hart und explosiv“. „Als ich die Route zum ersten Mal gesehen habe, war ich von der ersten Woche der Tour angetan, aber mit meiner Verletzung bin ich es jetzt ein bisschen weniger“, meinte er mit einem Lächeln.

Tour of Austria 2023 auf ORF Sport +

Parallel zur Tour de France gibt ab Sonntag auch wieder die Tour of Austria ihr Comeback.

Pogacar, der sich u. a. im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada vorbereitet hat, strahlt jedenfalls Zuversicht aus. „Wir haben als Team so hart gearbeitet, um uns vorzubereiten, und alles ist so, wie es sein soll“, wurde er auf der Teamwebsite zitiert. Es werde einige starke Gegner geben wie bei allen großen Rennen. „Wir wollen dort eine gute Show bieten, natürlich mit dem Ziel des Sieges.“

„Haben wieder große Träume“

Vingegaard war nach seinem elften Saisonsieg bei der Dauphine noch happy und sprach von seiner guten Form. Für Merijn Zeeman, den Sportdirektor des niederländischen Teams, sind nach dem Überraschungssieg von Vingegaard im Vorjahr die Ziele sehr hoch.

„Wir haben vergangenes Jahr unsere wildesten Träume erfüllt mit sechs Etappensiegen, den Trikots für die Bergwertung und am wichtigsten jene für die Punkte- und Gesamtwertung. Dieses Jahr haben wir wieder große Träume. Wir wollen das Gelbe Trikot wieder nach Paris bringen“, sagte Zeeman. Nach dem Sieg beim Giro durch Roglic strebt Jumbo das Double an.

Einige starke Konkurrenten sind jedenfalls nicht am Start. Weltmeister Remco Evenepoel (BEL), der Olympiasieger und diesjährige Giro-Sieger Primoz Roglic (SLO) und Ex-Tour-Champion Geraint Thomas (GBR) sind nicht am Start, sie hatten alle den Giro d’Italia vorgezogen.

Anwärter auf den dritten Platz

Einen Platz auf dem Podium peilt u. a. auch Ben O’Connor aus dem AG2R-Team von Felix Gall, dem Tour-Debütanten aus dem Österreicher-Sextett in Frankreich, an. „Er ist richtig gut in Form und war bei der Dauphine Dritter“, sagte Gall über den 2021 bei der Tour viertplatzierten Australier.

Der im Vorjahr verletzt ausgeschiedene O’Connor wird wie Jai Hindley (Bora), David Gaudu (Groupama) und Romain Bardet (DSM) aber wohl maximal die dritte Geige spielen. „Man muss sagen, vom Papier her wird es Vingegaard oder Pogacar, dahinter kämpft der Rest“, meinte Gall zur nicht nur für ihn klaren Ausgangslage.

Entscheidung in den Bergen

Die Tour wird 2023 auf jeden Fall in den Bergen entschieden. Acht Etappen durch das Hochgebirge, darunter vier Bergankünfte, warten auf die Fahrer. Die Tour kommt erst am dritten Tag nach Frankreich, die erste Bergankunft steht am sechsten Tag in Cauterets-Cambasque an.

Danach kommt es noch zu Zielankünften in der Höhe auf dem mythischen Puy de Dome, einem erloschenen Vulkan, der erstmals seit 35 Jahren wieder Teil der Tour ist, sowie dem Grand Colombier und in Saint-Gervais Mont Blanc.

Grafik zeigt Tour-de-France-Etappenplan
Grafik: APA/ORF; Quelle: letour.fr

Die Entscheidung sollte am vorletzten Tag auf der schweren Etappe nach Le Markstein Fellering mit fünf Anstiegen fallen. Dagegen gibt es nur ein Zeitfahren auf der 16. Etappe über 22,4 km. Diese Tour-Auflage kommt also mit insgesamt 30 Anstiegen der höchsten Kategorien – davon zwölf in den Alpen – klar den Kletterern entgegen. Das Finale steigt am 23. Juli auf den Champs-Elysees in Paris.

Sechs Österreicher am Start

Die sechs Austroprofis befinden sich allesamt in Helferrollen in ihren Teams, so auch der erst auf den letzten Drücker von Bora nominierte und zum fünften Mal antretende Patrick Konrad und sein Teamkollege Marco Haller, der gar schon zum achten Mal dabei ist. Neben den erwähnten Profis Großschartner (3. Tour) und Debütant Gall sind auch Michael Gogl (6./Alpecin) und Gregor Mühlberger (5./Movistar) mit von der Partie.

Etappenplan Tour de France 2023

01.07. 1. Etappe Bilbao - Bilbao (ESP, 182 km)
02.07. 2. Etappe Vitoria-Gasteiz - San Sebastian (ESP, 209 km)
03.07. 3. Etappe Amorebieta-Etxano (ESP) - Bayonne (185 km)
04.07. 4. Etappe Dax - Nogaro (182 km)
05.07. 5. Etappe Pau - Laruns (165 km)
06.07. 6. Etappe Tarbes - Cauterets-Cambasque (145 km)
07.07. 7. Etappe Mont-de-Marsan - Bordeaux (170 km)
08.07. 8. Etappe Libourne - Limoges (201 km)
09.07. 9. Etappe Saint-Leonard-de-Noblat - Puy de Dome (184 km)
10.07. Ruhetag in Clermont-Ferrand
11.07. 10. Etappe Vulcania - Issoire (167 km)
12.07. 11. Etappe Clermont-Ferrand - Moulins (180 km)
13.07. 12. Etappe Roanne - Belleville-en-Beaujolais (169 km)
14.07. 13. Etappe Chatillon-sur-Chalaronne - Grand Colombier (138 km)
15.07. 14. Etappe Annemasse - Morzine Les Portes du Soleil (152 km)
16.07. 15. Etappe Les Gets Les Portes du Soleil - Saint-Gervais Mont Blanc (180 km)
17.07. Ruhetag in Saint-Gervais Mont Blanc
18.07. 16. Etappe Passy - Combloux (22 km/EZF)
19.07. 17. Etappe Saint-Gervais Mont Blanc - Courchevel (166 km)
20.07. 18. Etappe Moutiers - Bourg-en-Bresse (186 km)
21.07. 19. Etappe Moirans-en-Montagne - Poligny (173 km)
22.07. 20. Etappe Belfort - Le Markstein Fellering (133 km)
23.07. 21. Etappe Saint-Quentin-en-Yvelines - Paris Champs-Elysees (116 km)

EZF = Einzelzeitfahren

Gesamtlänge: 3.404 km