Spieler von Austria Wien bejubeln das Unentschieden mit 9 Mann gegen Rapid Wien
APA/EXPA/Max Slovencik
Bundesliga

Wiener Derby bringt Achterbahn der Gefühle

Das 341. Wiener Derby hat am Sonntag zwar mit einer Nullnummer geendet, hinterließ bei den Protagonisten aber den Eindruck einer Achterbahn der Gefühle. Während man bei der Wiener Austria den mit zwei Mann weniger erkämpften Punkt wie einen Sieg feierte, weinten die Hütteldorfer nach 40-minütiger Kreativblockade in zweifacher Überzahl zwei Punkten nach.

„Wir haben uns nicht schlau genug angestellt“, sagte Rapid-Trainer Zoran Barisic, dessen Club nun schon zwölf Duelle en suite gegen die Austria nicht gewonnen hat. Nach einer von beiden Seiten fehleranfällig geführten ersten Hälfte mit nur wenigen gefährlichen Offensivaktionen war in der 54. Minute eigentlich alles angerichtet für Grün-Weiß. Die Austrianer James Holland und Matthias Braunöder waren mit Gelb-Rot bzw. Rot vom Platz geflogen und hatten den Gästen vor 15.200 Fans den roten Teppich zum Sieg ausgerollt.

Doch die Austria steigerte sich in Unterzahl und hielt die offensiv inferior agierenden grün-weißen Erzrivalen letztlich in Schach. „Es war ein richtiges Hin und Her, aber letzendlich lösen es die Spieler am Platz, und das haben die neun zusammen fantastisch gemacht“, freute sich daher auch Austria-Trainer Michael Wimmer gegenüber dem ORF, auch wenn der erhoffte Befreiungsschlag ausblieb. Der glückliche Derby-Ausgang änderte nichts daran, dass die Austria nach neun Runden so schlecht wie noch nie seit Einführung der Bundesliga 1974 in eine Saison gestartet ist.

Wiener Derby endet mit kurioser Nullnummer

Mit einer kuriosen Nullnummer endet das Wiener Derby Austria gegen Rapid. Die Gäste aus Hütteldorf kommen nicht über ein 0:0 hinaus – und das, obwohl die Austria fast die ganze zweite Hälfte nur zu neunt auf dem Platz steht.

Ausschlüsse heben Moral

Bei Wimmer hielt sich daher auch der Ärger über die Ausschlüsse („Das ist ein Derby, Emotionen pur, dann passiert so etwas“) in Grenzen, weil man sich damit nicht richtig schwächte. Zumindest in mentaler Hinsicht trat sogar das Gegenteil ein. „Da entwickelt man etwas im Körper, das kann man nicht beschreiben“, meinte Mittelfeldmann Reinhold Ranftl, der mit der Rumpftruppe bis zum Schluss kaum Chancen zuließ. „Wir haben bewiesen, dass wir eine funktionierende Truppe sind, dass der Spirit stimmt“, freute sich der Austria-Trainer.

Dominik Fitz, dessen spielerische Qualitäten letztlich nicht mehr gefragt waren, griff sogar zum skurrilen Begriff „Defensivfeuerwerk“. Ranftl freute sich, „eine Seite an uns gesehen“ zu haben, „die ich so noch nicht wahrgenommen habe. Wir haben bewiesen, dass wir auch schmutzig spielen können.“ Das sei nicht zuletzt aufgrund defensiver Probleme in vielen Spielen von Bedeutung. „Wir sind ja oft kritisiert worden, dass wir viele Tore kriegen, leichtsinnig verteidigen“, erklärte Ranftl. „Wir haben gezeigt, was eigentlich in uns steckt und wir die letzten Wochen nicht immer abgerufen haben.“

Jubel von Manfred Fischer, Andreas Gruber und Trainer Michael Wimmer (Austria Wien)
GEPA/Armin Rauthner
Andreas Gruber holte sich nach dem Kraftakt so wie seine acht Kollegen eine Extraumarmung des Trainers ab

Die Leistung im Derby müsse der Austria für kommende Aufgaben aber jedenfalls einen Schub geben, betonte Ranftl. Etwa am Samstag im Heimspiel gegen Blau-Weiß Linz, das als Neunter drei Punkte mehr als die zehntplatzierten „Veilchen“ auf dem Konto haben. „Wenn uns das heute kein Selbstvertrauen gibt, dann weiß ich auch nicht“, gab Ranftl zu Protokoll. Wimmer zeigte sich optimistisch, nach sieben Spielen ohne Sieg aus dem Tal zu tauchen. „Ich glaube, das war der Bock, den wir heute umgestoßen haben.“

Rapid agiert „zu kompliziert“

Bei Rapid saß der Frust über den ausgelassenen „Elfmeter“ namens numerische Überlegenheit tief. In den 40 Minuten mit zwei Mann mehr war ein Schuss von Thierry Gale die einzige Chance auf ein Tor. „Wir haben zu kompliziert, zu viel durchs Zentrum gespielt, Schüsse aus der zweiten Reihe genommen, die man nicht nimmt, und sind zu wenig über die Flügel durchgebrochen“, sagte Barisic, der sich „bitter enttäuscht“ zeigte. Für die Hütteldorfer setzte sich die Misere der jüngsten Wochen damit fort. Seit fünf Partien wartet Rapid auf einen vollen Erfolg.

Matthias Seidl schob den Ausgang auf die ungewohnte Situation, in der sich die Austria vor dem eigenen Strafraum verbarrikadierte. „Wenn der Gegner mit acht Spielern hinten steht, ist es immer sehr schwierig“, sagte der Offensivmann, der in dieser Phase ebenso wenig Akzente setzen konnte wie seine Nebenleute Marco Grüll und Nicolas Kühn. „Wir müssen das einfach besser ausspielen, wir können nicht einfach anfangen, aus 30, 40 Metern draufzuschießen. Bei zwei Mann Überzahl musst du Chancen kreieren“, ging daher auch Kühn mit sich und seinen Teamkollegen hart ins Gericht.

„Ich hätte mir schon erwartet, dass wir schlauer spielen und technisch sauberer sind. Wir waren ungeduldig und haben uns da auch ein bisschen nervös machen lassen“, befand Barisic, der den wegen einer Blessur fehlenden Goalgetter Guido Burgstaller schmerzlich vermisste. „Natürlich fehlt uns Burgstaller. Aber was mir auch fehlt, ist, dass noch mehr Spieler geil sind aufs Toreschießen.“ Schon am Samstag erhält seine Truppe die nächste Chance, auch bei Schlusslicht Lustenau wird gegen eine massierte Defensive Kreativität gefragt sein.

Admiral Bundesliga, neunte Runde

Sonntag:

Austria – Rapid 0:0

Wien, Generali Arena, 15.200, SR Harkam

Austria: Früchtl – Handl, Martins, Meisl – Potzmann, Holland, Braunöder, Ranftl – Fitz (74./Polster) – Gruber (87./Guenouche), Huskovic (58./Jukic)

Rapid: Hedl – Kasanwirjo (69./Schick), Querfeld, Hofmann, Auer – Sattlberger, Oswald (82./Kerschbaum) – Kühn (83./Gale), Seidl, Grüll – Mayulu

Rote Karte: Braunöder (54.)

Gelb-Rote Karte: Holland (52.)

Gelbe Karten: Martins, Fitz bzw. Hofmann, Mayulu