Jubel von Raffael Behounek und Trainer Thomas Silberberger (Wattens)
GEPA/Patrick Steiner
Bundesliga

„Achterbahnfahrt“ bringt Freude und Frust

Die Meistergruppe der Saison 2020/21 der tipico-Bundesliga steht seit Sonntag fest. In einem Herzschlagfinale und dank kräftiger Schützenhilfe aus St. Pölten holte sich die WSG Swarovski Tirol erstmals das Ticket für die besten Sechs. Während man bei den Wattenern nach einer „richtigen Achterbahnfahrt“ jubeln durfte, trauerte man in Hartberg der verpassten Chance nach.

„Hitchcock hätte den Thriller nicht besser schreiben können“, sagte WSG-Sportdirektor Stefan Köck. Da spusu SKN St. Pölten beim TSV Prolactal Hartberg in der 94. Minute auf 3:3 stellten, beendeten die Tiroler nach einem schmeichelhaften 1:1 gegen Rapid den Grunddurchgang noch als Sechster. St. Pöltens Kofi Schulz wurde letztlich zum Matchwinner für die Tiroler. „Kofi Schulz ist mein All-Time-Hero“, sagte WSG-Trainer Thomas Silberger, dem laut eigener Aussage „ein riesiger Stein“ vom Herzen gefallen war.

Denn als Sascha Horvath im Parallelspiel in der 76. Minute auf 3:2 für Hartberg stellte, schien für die Tiroler der Traum vom „oberen Play-off“ ausgeträumt. Selbst gelang in der Folge zwar der Ausgleich durch Tobias Anselm (84.), ein Siegestreffer, der notwendig gewesen wäre, um die Sache aus eigener Kraft zu fixieren, lag aber keinesfalls in der Luft. Deshalb war der Blick im Finish mehr in Richtung Steiermark gerichtet. Und erst einige Minuten nach dem eigenen Schlusspfiff hatte die Truppe von Coach Thomas Silberberger Gewissheit – dank „All-Time-Hero“ Schulz.

Jubel von Dor Hugi und Kofi Schulz (St. Pölten)
GEPA/Michael Riedler
Schulz (r.) wurde mit seinem späten Tor in Hartberg Sargnagel und „Hero“ zugleich

Das Saisonziel Klassenerhalt haben die Tiroler damit bereits nach Ende des Grunddurchganges fixiert. Und das nach jener Saison, in der man sportlich abgestiegen wäre und nur durch den finanziellen Kollaps des SV Mattersburg weiter im Oberhaus blieb. „Irgendwo schließt sich auch der Kreis. Wir haben letztes Jahr bis zur letzten Sekunde die Chance gehabt, drinnenzubleiben und heute bis zur letzten Sekunde gefightet, dass wir es in die Meistergruppe schaffen. Das ist einfach für den Verein ein riesiger Meilenstein“, so Silberberger, der seit 1. Juli 2013 als WSG-Coach fungiert: „Wir sind 2013 gestartet mit einem vierten Platz in der Regionalliga, jetzt sind wir in der Meistergruppe, das ist einfach nur lässig.“

Starker Herbst, durchwachsenes Frühjahr

Die Teilnahme der Tiroler am erlesenen Kreis hatte sich im Herbst schon angedeutet, nach nur einem Sieg – zuletzt das 5:3 beim WAC – in den jüngsten acht Runden wurde es aber noch richtig eng. „Auch wenn wir die Punkte zuletzt nicht so eingefahren hatten, sind wir von unserem Weg nicht abgegangen“, sagte Köck. Als Belohnung kam das in den vergangenen Wochen fehlende Glück zum richtigen Zeitpunkt zurück. „Am Ende war’s nur mehr brutal. Ich bin um ein paar Jahre gealtert. Wenn es am Ende aber so ausgeht, nimmt man das gerne in Kauf“, so der 45-Jährige.

Tirol nach Krimi in Meistergruppe

Am letzten Spieltag des Bundesliga-Grunddurchgangs sind die letzten beiden Plätze für die Meistergruppe vergeben worden. Mit dabei sind der WAC und die WSG Tirol.

In den 22 Runden des Grunddurchganges erzielte die WSG 30 Punkte mit je acht Siegen und Niederlagen bei sechs Remis. „Es war ein glückliches Ende, aber wir haben es uns verdient. Nicht heute, aber über die 22 Runden, wir haben eine tolle Performance abgeliefert“, resümierte Silberberger. Diese Vorstellung will man „oben“ in der Meistergruppe prolongieren. „Wir wollen auch da eine vernünftige Rolle spielen“, kündigte der WSG-Trainer an. Durch die Punkteteilung fehlen nur sieben Zähler auf Rang zwei.

Frust in Hartberg

Während in Tirol Jubel herrschte, war die Stimmung in Hartberg im Keller. Nur wenige Sekunden fehlten den Steirern, um zum zweiten Mal in Folge in die Meistergruppe einzuziehen. „Das ist natürlich jetzt ganz schwer zu verdauen. Die Stimmung ist am Tiefpunkt“, sagte Tormann Rene Swete, der in der 94. Minute den Ball nach dem 3:3 aus dem Netz holen musste. Der „Schlusssprint“ der Hartberger mit vier Siegen in den jüngsten sieben Spielen blieb letztlich unbelohnt.

Nach einer ersten Phase der Enttäuschung müsse man sich aber wieder sammeln, so Swete: „Wenn sich diese komplette Enttäuschung gelegt hat, sollten wir dann auch wieder zur Tagesordnung übergehen. Es ist jetzt nicht so, dass wir abgestiegen sind“, so Swete. Dem schloss sich auch Torschütze Sascha Horvath an, der bei den Steirern mit seinem Treffer zur 3:2-Führung Hoffnung aufkeimen lassen hatte. Man habe jetzt Zeit, die Situation zu verarbeiten und dann „müssen wir einfach nach vorne schauen“.

Präsidentin trotzdem stolz

TSV-Präsidentin Brigitte Annerl versuchte, die positiven Aspekte hervorzuheben und benutzte dafür eine ähnliche Metapher wie Tirols Sportdirektor Köck: „Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Was ich sehen durfte, war eine total couragierte Mannschaft, die sich immer wieder zurückgekämpft hat. Am Ende des Tages ist aber auch vieles gegen uns gewesen“, sagte die Hartberger Clubchefin.

Coach Schopp richtete Glückwünsche an die Tiroler aus und nahm die Konstellation pragmatisch. „Wenn man so einen Modus hat, wo sich nach 22 Runden alles zusammenspitzt, dann ist es auf der einen Seite bitter, dass du knapp vor Schluss dieses Tor bekommen hast, auf der anderen Seite ist es eine Situation, die wir richtig einordnen müssen“, betonte der 47-Jährige. „In Hartberg hat man nicht per se den Anspruch, die Top Sechs erreichen zu müssen.“ Das vorrangige Ziel sei nun der Klassenerhalt – und dafür hat man in Hartberg gute Karten in der Hand.